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Kann man Babys schon erziehen?

Die ältere Generation war davon überzeugt, dass Säuglinge nach einem strengen Zeitplan gefüttert werden sollten. Noch heute geistert die Angst in vielen Köpfen, dass sich Babys zu Tyrannen entwickeln, wenn man immer gleich auf ihre Bedürfnisse eingeht. Dabei ist es gar nicht einmal so einfach festzustellen, warum ein Baby gerade so herzzerreißend weint ...

Baby liegt auf einem Kissen, ein Plüschelefant im Arm, guckt etwas kritisch in die Kamera

Pia Arras-Pretzler

10.07.2023

Lesezeit 4 Minuten

Ich weiß nicht, wie es euch erging, aber für mich ist der Blick eines Neugeborenen immer von tiefer Weisheit erfüllt. So, als hätte dieser kleine Mensch gleich nach der Geburt noch Anteil an einem Wissen, das kurz darauf verloren geht. Tatsächlich lernt ein Baby erst mit der Zeit, die Augen auf verschiedene Entfernungen scharfzustellen, und sobald es versucht, seinem hilflosen Babydasein ein Ende zu bereiten und sich zum Beispiel müht, sich auf die Seite zu drehen, ist es auch vorbei mit dem Eindruck tiefer Weisheit ... Überhaupt scheint das kleine Wesen recht triebgesteuert zu sein: Es heult, sobald ihm etwas nicht passt. Es heult, weil es müde ist. Oder hungrig. Oder überfordert. Weil es Bauchweh hat. Weil Zähnchen kommen. Weil es ihm zu warm oder zu kalt ist. Und auch ohne ersichtlichen Grund. Ein Baby hat nicht so viele Möglichkeiten, seinen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen, und weil Babyweinen uns durch Mark und Bein geht – das muss so sein, damit wir uns um dieses hilflose Wesen auch verlässlich kümmern –, versuchen wir unser Bestes, damit Ruhe einkehrt.

Weinen lassen bringt nichts

Ist das in Ordnung? Oder kann man Babys auch „verwöhnen“ und bereut vielleicht Jahre später, sein Kind zu bereitwillig getröstet zu haben? Grundsätzlich: Ein Baby kann sich nicht selbst trösten – es weinen zu lassen, bringt überhaupt nichts, nur Stress für dich und die kleine Heulboje mit der erstaunlich kräftigen Stimme. Solange ein Kind sich also nur durch Weinen ausdrücken und sich selbstständig noch nirgends hinbewegen kann, darfst und sollst du dich um seine Bedürfnisse unmittelbar kümmern. Wenn dein Baby also eigentlich keinen Grund zur Klage hat – weil es satt und frisch gewickelt und es weder zu warm noch zu kalt hat –, fehlt es ihm an körperlicher Nähe, Ablenkung, Bewegung oder Ruhe. Was davon gerade dran ist, gilt es auszuprobieren. Aber ganz in Ruhe und nicht unmittelbar hintereinander, denn auch dein Baby braucht Zeit, um sich auf eine Situation einzustellen.

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Keine Hektik

Womit ich gute Erfahrungen gemacht habe: Atmen. Also erst durchschnaufen, bevor du in Aktivismus verfällst und etwa das weinende Baby, das du eben in den Kinderwagen gepackt hast, sofort in die Babytrage verfrachtest. Mach es dir zu Gewohnheit, immer erst einmal durchzuatmen und dich zu erden. Nimm dir Zeit, an deinem Versuch noch ein bisschen festzuhalten, bevor du das Handtuch wirfst. Du kannst dabei leise summen, zur Beruhigung. Zu deiner und der des kleinen unruhigen Wesens im Kinderwagen. Einen Versuch ist es wert. Dieses Prinzip lässt sich auf viele Situationen im Alltag übertragen: Dein Baby weint und du hast eine Idee, was deinem Kind jetzt guttun könnte. Solltest du damit nicht gleich ins Schwarze treffen, versuchst du trotzdem, bei dir zu bleiben, und gibst dir und deinem Baby noch etwas Zeit, sich mit deinem Angebot anzufreunden. Wenn du Glück hast, überträgt sich deine Ruhe auf das Kind. Alles richtig gemacht. Wenn es aber weiterweint, heißt das nicht, dass du etwas falsch gemacht hast. Immerhin hast du so etwas Zeit und Abstand gewonnen und kannst dir überlegen, was als Nächstes passieren soll.

Habe ich ein Schreibaby?

Erfahrungsgemäß zählen die ersten drei Monate, was das Schreien anbelangt, wohl zu den härtesten. Davon zeugt auch der Begriff Drei-Monats-Koliken – darunter versteht man krampfartige Leibschmerzen, die vielleicht von zu hastigem Trinken, von Anpassungsschwierigkeiten oder tatsächlich vom vielen Weinen kommen. In den ersten Wochen nach der Geburt hat dein Baby ja auch viel zu verdauen: den Geburtsvorgang, die Umstellung auf die Schwerkraft und die neue Form von Nahrungsaufnahme. Außerdem versucht es, sich in den Tag-Nacht-Rhythmus einzuschwingen. Wenn dein Baby an mehr als drei Tagen pro Woche ungefähr drei Stunden schreit, dann gehörst du zu den 20 Prozent der Eltern, die ein Schreibaby haben. Kleine Notiz für dich am Rand: Man vermutet, dass das exzessive Schreien des Babys unter anderem mit seiner Art, Reize zu verarbeiten, zusammenhängt. Kinder, die später eher introvertiert sind – weil sie sich vor zu viel Input schützen möchten –, reagieren schon als Baby sehr empfindlich auf ihre Umwelt und sind häufig Schreibabys. Wo auch immer der Grund fürs Schreien liegt: Eine solche Situation ist unglaublich anstrengend und zehrt an den Kräften der Eltern. Wenn ihr an einen Punkt kommt, an dem ihr merkt, ihr seid kurz vorm Ausflippen, dann ist es in Ordnung, sich ein Weilchen vom weinenden Kind (das sicher in seinem Bettchen liegt) zu entfernen, um Kraft zu tanken und wieder zu sich zu kommen. Und holt euch Hilfe bzw. nehmt Hilfe an – von Freunden, Familienmitgliedern oder Fachleuten.

Die DRK-Schreiambulanz hat in Düsseldorf drei Anlaufstellen.

Kontakt und nähere Informationen findest Du bei den Angeboten für Familien des DRK.

Erste Grenzen

Sobald dein Kind beginnt, sich selbst fortzubewegen – und sich damit auch in Gefahr bringen kann –, wirst du nicht umhinkönnen, ihm Grenzen zu setzen. Und schon bist du mitten drin im Erziehungsthema, denn eure Konzepte, was man mit der Erde deiner Topfpflanze machen könnte (Baby: essen! Du: bloß nicht!), unterscheiden sich fundamental. Du musst dir deshalb etwas einfallen lassen, wie du mit solchen Situationen umgehst. Dabei lernt dein Baby, was du in Ordnung findest und was nicht, und du lernst, dich in deine Rolle als Erziehende:r einzufinden. Lenkst du dein Baby lieber ab, damit es gar nicht merkt, dass ihr gerade in einen Interessenkonflikt geratet? Gerätst du schnell in Stress und reagierst heftiger, als du vorhattest? Wunderst du dich, wie sehr du plötzlich wie deine eigene Mutter oder dein eigener Vater klingst? Neigst du dazu, viele Worte zu machen? Geht es dir sehr nahe, wenn dein Kind wütend auf dich wird? Bist du eher vorsichtig und versuchst von vornherein, mögliche Gefahrensituationen gar nicht erst entstehen zu lassen? Und last, but not least: Fühlst du dich wohl mit deiner Herangehensweise?

Sei nachsichtig mit dir

Beobachte deine Reaktionen möglichst wertfrei und stelle zunächst nur fest, was Sache ist. Dann ist es für dich einfacher herauszufinden, was du wirklich möchtest, und du verschwendest keine Zeit darüber, damit zu hadern, was nicht so läuft, wie du dir das vorgestellt hast. Denn auch das ist Erziehung: eine Art Selbstfindungstrip, in dem du all die Jahre mit deinem Kind zusammen lernst, gut auf Situationen zu reagieren, die du nicht unbedingt voraussehen konntest. Und in die du ohne dein Kind nie und nimmer gekommen wärst.

Im Mittelpunkt der Familie

Seit mehr als 20 Jahren informieren wir Eltern, Großeltern und alle, die mit Kindern leben oder arbeiten über Neuigkeiten aus der Region, Veranstaltungen, Themen, Tipps und Angebote. Wir entdecken die Stadt und ihre Umgebung auch immer wieder neu – das Entdeckte teilen wir gerne mit euch.

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