Erwachsene Trauernde leben im dauernden Gefühl des Getrenntseins – nicht nur von dem Menschen, der gestorben ist, sondern auch von allen anderen. Bei denen geht das Leben ganz normal weiter, während ihres zerbrochen scheint.
Erwachsene durchlaufen in ihrer Trauer bestimmte Phasen. Dafür brauchen sie Zeit, Raum, Ausdruck und Gemeinschaft – das ist bei Kindern nicht anders. Doch Kindertrauer verläuft in Wellen, nicht in Phasen. Um im Bild zu bleiben: Mal schwimmen Kinder unbeschwert im Ozean der Normalität, dann wieder spülen die Wellen sie auf eine Trauerinsel. So kann es sein, dass ein Kind nach dem Tod eines Angehörigen wenig verändert scheint oder sich leicht ablenken lässt, als hätte das Kind seine Trauer schnell hinter sich gelassen. Kinder wechseln dabei sehr schnell von einer Stimmung in die nächste, und jede will ernst genommen sein. Deshalb brauchen sie Menschen, die möglichst erwartungsfrei und empathisch mit ihnen agieren – also ihnen weder unterstellen, dass sie gerade vermutlich besonders traurig seien, noch von ihnen erwarten, dass sie so „tapfer“ weitermachen wie eben, als es wirkte, sie seien über ihren Verlust „hinweggekommen“. Der kindliche Umgang mit Tod, Trauer und Verlust ist natürlich sehr stark vom Alter des Kindes abhängig. Wir haben ihn altersmäßig eingeordnet:
Babys und Kleinkinder
Bis zu etwa einem halben Jahr sind Dinge und Menschen, die Babys nicht sehen, für sie nicht mehr vorhanden – was erklärt, warum sie so begeistert auf Gesichter reagieren, die sich erst hinter einem Tuch oder der Hand versteckt hatten.
Zwei bis vier Jahre
Kleine Kinder haben Trennungsängste und noch kein Zeitempfinden, deshalb werden Trennungen von den engsten Bezugspersonen als sehr schmerzhaft empfunden, im Grunde wie ein echter Tod. Vorschulkinder verstehen das Konzept „Tod“ aber noch nicht. Tod bedeutet für sie (vorübergehende) Abwesenheit. Deshalb gehen sie unbekümmert mit dem Begriff um: „Du sollst tot sein“ bedeutet, dass sie wünschen, jemand solle (für eine bestimmte Zeit) verschwinden. Vor dem eigenen Tod haben kleine Kinder eher selten Angst – der Tod ist etwas, das anderen zustößt.
Fünf bis sieben Jahre
In diesem Alter fassen Kinder Sterben und Tod oft als Strafe auf – für böse Taten. Weil sie noch nicht verstehen, dass ihre Gedanken nicht den Tod eines Menschen herbeiwünschen können, plagen sie oft Schuldgefühle, wenn jemand aus ihrem Umfeld stirbt. Mit der Zeit begreifen sie, dass der Tod eine körperliche Sache ist – Herz und Atmung stehen still, der Körper funktioniert nicht mehr. Sie beginnen zu ahnen, dass auch sie sterben werden, schieben diese Tatsache aber weit von sich. Stattdessen interessieren sie sich für Organisatorisches rund um den Tod: Beerdigungen, Friedhöfe, Särge, Gräber.
Acht bis zehn Jahre
In diesem Alter erkennen die meisten Kinder, dass alle Menschen sterben müssen. Dieser Zumutung begegnen sie mit der Vorstellung, dass nach dem Tod noch etwas kommt, ganz unabhängig davon, was ihre Eltern glauben oder nicht glauben. Den Gedanken an die eigene Sterblichkeit zu ertragen, kostet auch Kinder Kraft. Deshalb lernen sie, den Tod zu verdrängen, was bis zur Pubertät auch gut gelingt.