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Bis nachher im Beet!

Spätestens seit der Pandemie ist der Run auf die Schrebergärten groß. Die Vereine führen lange Wartelisten von Familien mit Gartenwunsch. Man träumt von Klein-Bullerbü als i-Tüpfelchen zur Perfektion des urbanen Lebensstils. Was davon ist romantische Vorstellung, wie gelingt der Start als Schreberfamilie und welche Überraschungen birgt das reale Gartenleben?

Mädchen im Gebüsch vom Gemüsegarten

Tanja Römmer-Collmann

07.07.2022

Lesezeit 5 Minuten

Klatschmohn oder Rittersporn, Sauerampfer oder Storchschnabel? Was ist Unkraut, was kann bleiben? Trampolin oder Sandkasten, Baumhaus oder Planschpool? Was ist erlaubt, womit gibt’s Ärger? Wer einen Kleingarten übernimmt, muss beim Ackern auf der ihm anvertrauten Erdscholle einiges wissen und beachten. Für den Garten-Realitäts-Check stellt die Libelle die wichtigsten Fragen und gibt Antworten.

Wie kommen wir an den Wunschgarten?

Wer einen Kleingarten pachten möchte, muss in der Regel vorab Mitglied im zugehörigen Verein werden. Und genau das ist das Nadelöhr: Viele Vereine haben rappelvolle Wartelisten, manche reagieren auf den pandemiebedingten Run auf die Gärten sogar mit einem kompletten Aufnahmestopp. „In den Pandemiejahren erhielten wir immer wieder Beschwerden über Besucher:innen unserer Anlage, die unsere älteren Gartenfreund:innen zur Aufgabe bewegen wollen. Dies teilweise in penetranter Art und Weise!“, beschwert sich gar ein Düsseldorfer Verein auf seiner Homepage über allzu zudringliche Zaungäste. Hier sind also Fingerspitzengefühl, Geduld, Ausdauer und Glück gefragt!

Was kostet die Gartenübernahme?

Der Gartenwert, der bei der Übernahme fällig ist, wird von einem/einer unabhängigen Gartengutachter:in ermittelt: Wie gepflegt ist der Garten? Wie viele Rosen, wie viele Obstbäume gibt es? Praktisch jeder Grashalm sowie die Laube gehen in die Summe mit ein, die ab etwa 2000 bis zu 10.000 Euro beträgt. Romantisch verwilderte Gärten sind dabei übrigens deutlich günstiger, denn nach der gängigen Wertvorstellung muss dort mehr Arbeit reingesteckt werden! Dazu kommt noch die mit dem/der Vorpächter:in individuell abzusprechende Summe für das bewegliche Mobiliar wie Rasenmäher, Spaten, Rosenschere sowie die eventuell zu übernehmenden Gartenmöbel.

Porträt von Moritz Schreber Zeichnung Vintage

Wer war Moritz Schreber?

Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808 – 1861) war Orthopäde und Hochschullehrer in Leipzig. Er beschäftigte sich viel mit der Gesundheit von Kindern und den sozialen Folgen des Stadtlebens. Der erste offizielle „Schreber“-Gartenverein wurde erst nach Schrebers Tod gegründet und zu seinen Ehren nach ihm benannt. Licht, Luft, Sonne und Bewegung galten im 19. Jahrhundert als wichtige Bausteine der Gesundheitsvorsorge. Schreber war auch Mitarbeiter der Zeitschrift „Die Gartenlaube“. Im Amtsdeutsch spricht man übrigens nicht vom Schrebergarten, sondern der rechtliche Begriff ist „Kleingarten“.

Wie hoch sind die laufenden Kosten?

Ein Schrebergarten wird gepachtet. Zu der sehr günstigen jährlichen Pacht von derzeit 41 Cent pro Quadratmeter pro Jahr kommen laufende Kosten, unter anderem für Strom, Wasser, Versicherungen sowie der Vereinsbeitrag. Zusammen sind das Pi mal Daumen knapp 500 bis 700 Euro im Jahr. Dazu kommt natürlich der Wunsch nach neuen Gartengeräten, Sämereien, vielleicht einem Hochbeet oder einem Hightech-Grill. Machen wir uns nichts vor: Ein Garten verlockt zum Geldausgeben. Vielleicht ladet ihr zum Einstand Freund:innen und Verwandte ein und lasst euch mit dem Nötigsten beschenken? Dafür dürfen dann auch alle immer jederzeit unangemeldet vorbeikommen!

Was sind die Gartenpflichten?

Da die sogenannte „kleingärtnerische Nutzung“ Voraussetzung für den niedrigen Pachtzins ist, gilt unumstößlich: Mindestens ein Drittel der Fläche im Schrebergarten muss für den Anbau von Obst und Gemüse genutzt werden. Obstbäume, Himbeersträucher, ein kleiner Ackerstreifen für Zucchini, Rote Beete, Spinat und Co – das alles muss also sein und wird auch bei gelegentlichen (und unangemeldeten!) Gartenbegehungen des Vereinsvorstands grob in Augenschein genommen. Außerdem sind einige Stunden Gemeinschaftsarbeit pro Jahr abzuleisten: Amsel- und Meisenweg von Unkraut befreien, auf dem Parkplatz Laub harken oder beim Auf- und Abbau des Sommerfests helfen. Wer sich davor drückt, zahlt in der Jahresrechnung drauf.

Wofür droht Ärger?

Wald- und Nadelbäume sind im Schrebergarten nicht erlaubt. Hecken dürfen 1,2 Meter Höhe nicht überschreiten. Trampoline und permanente Pools sind nicht erlaubt – das schmerzt gerade Familien oft sehr. Denn insbesondere das Trampolin hat ja landauf, landab in den Privatgärten Schaukel und Klettergerüst komplett abgelöst. Im Kleingarten darf aber nur leicht auf- und abbaubares Spielgerät für kleine Kinder installiert werden. Auch nicht erlaubt: Tierhaltung, eine Laube größer als 24 Quadratmeter und festes Bewohnen eben dieser. Gelegentliches Übernachten wird in der Regel geduldet. Eine mittägliche Ruhezeit sollte so in etwa eingehalten werden und es versteht sich von selbst, dass am Sonntag weder Rasenmäher noch Bohrmaschine angeworfen werden.

drei Setzlinge Illustration Vektorgrafik

Frühling, Sommer, Herbst und Winter …

Im Frühjahr wird aus der winterlich kargen Parzelle in Blitzgeschwindigkeit ein grüner Dschungel: Die Hochsaison für die Gartenarbeit ist im April, Mai, Juni und Juli. Gartenabfallsäcke bereithalten und ein, zwei Fahrten mit vollgepacktem Kofferraum zur Kompostieranlage einplanen! Rasenmähen ist von spätestens Anfang Mai bis in den Oktober hinein eine wöchentliche Aufgabe – die wenigsten Vereine dulden komplett verwilderte Wiesen. Hinzu kommt das Hegen und Pflegen von Obststräuchern und Gemüsepflanzen, was im Hoch- und Spätsommer fast tägliches Wässern sowie – hoffentlich auch – regelmäßiges Abernten bedeutet. Von November bis März ist außer dem Obstbaumschnitt recht wenig zu tun: Die Winterpause lässt Zeit für Planung und Vorfreude auf nächste Gartenjahr.

 

Wie klappt der Generationenwechsel?

Kleingärtnern ist nicht mehr spießig, sondern neuschwedisch „hygge“. Junge Familien träumen von hübschen Wimpelketten, karierten Tischdecken und glücklichen Kindern in Gummistiefeln. Umso überraschter sind sie, wenn über den Gartenzaun Beschwerden über Abermillionen Mückenlarven im Planschbecken oder den unkontrollierten Flug der „Pusteblumen“ kommen. Wie überall erfordert auch die Garten-Nachbarschaft gegenseitige Rücksicht und Toleranz. Viele Vereine setzen auf Verjüngung und der klassische Gartenzwerg ist tatsächlich selten geworden. Allerdings: Rein rechnerisch dauert die aktive Kinder-Familien-Schreberzeit gut zehn Jahre, die meisten Pächter:innen beackern aber mehrere Jahrzehnte ihre Scholle. So gibt es naturgemäß viele „kinderfreie“ Kleingärten.

Ist der Garten das Kinderparadies?

Im Garten steht oftmals der Garten an erster Stelle und zwischen Kindern und Garten entwickelt sich nicht die große Erfolgs- und Liebesgeschichte, die den Eltern beim Start des Projekts vorschwebt. Babys und Kleinkinder müssen rund um die Laube, so wie überall, permanent im Blick behalten werden: Insektenstiche, giftige Pflanzen, versehentlich zertretene Salat-Setzlinge – jeder öffentliche Spielplatz ist tatsächlich kindgerechter als ein Schrebergarten. Im Kindergarten- und Grundschulalter laden Eltern selbstverständlich die ganze Meute in den Garten ein, der allerdings plötzlich überraschend eng wirkt: Der Ball landet einmal zu oft in Nachbars Rabatten und kindliches Toben und Kreischen während der Wasserschlacht strapazieren die Nerven nebenan. Wenn Blicke töten könnten!

Radieschen Illustration Vektorgrafik

Zahlen, Daten, Fakten

Der Stadtverband Düsseldorf der Kleingärtner e. V. zählt unter seinem Dach insgesamt 6600 Gartenparzellen. Es gibt 72 Kleingartenanlagen, in denen 100 Vereine ansässig sind. Dazu kommen noch die wenigen „freien“, nicht vereinsgebundenen Gärten, zum Beispiel in den Niederkasseler Rheinwiesen. Üblicherweise sind Kleingartenparzellen zwischen 250 und 500 Quadratmeter groß. Rund 80 Prozent der Kleingärten sind ans Abwasser-Kanalnetz angeschlossen, nachdem man sich 2003 von den bis dahin üblichen Sickergruben und langen Wegen zur Vereinstoilette verabschiedet hat. kleingaertner-duesseldorf.de

 

Woran haben Kinder Spaß?

Natürlich beobachtet der Fünfjährige auch mal versunken einen Regenwurm oder sammelt Weinbergschnecken, während die Siebenjährige verantwortungsvoll für „ihre“ Tomatenpflanze sorgt. Am meisten Spaß machen Kindern möglichst grobe Arbeiten wie der rabiate Baumschnitt, Häckseln von Geäst (Vorsicht!) oder das Buddeln eines Teichlochs. Außerdem lieben sie alles mit Wasser – von der Matschepampe  bis zum eigenen „Rosenparfüm“. Bietet die Gartenanlage eine Ballwiese oder einen Spielplatz, haben die Schreberkinder einen Ort, wo sie sich treffen und frei spielen können. Auch das Umherziehen von Garten zu Garten ist beliebt. Wassereis bereithalten! Viele Vereine veranstalten Sommerfeste, Nikolausfeiern und Martinszüge, bei denen alle zusammenkommen und sich besser kennenlernen.

Wann klappt’s mit der Gartenarbeit?

Stehen keine größeren Pflanzaktionen an, sollte man den Sommer über durchschnittlich drei Stunden Gartenarbeit pro Woche einplanen. Falls die autarke Kinderbeschäftigung im Garten klappt, ist das supertoll, denn dann – und nur dann – haben Eltern die Chance, am Samstagnachmittag ein paar Platten neu zu verlegen oder die Johannisbeerbüsche umzupflanzen. Ansonsten ist für dringend gewordene Gartenarbeiten typischerweise ein zeitweiliges Aufteilen der familiären Kapazitäten notwendig: Eine:r schwingt den Grubber, der/die andere beschäftigt den Nachwuchs. Natürlich haben auch eure Kinder Spaß daran, die Schubkarre zu schieben –
aber dann dauert’s naturgemäß alles etwas länger … diese Zeit fehlt im heutigen Familien- und Arbeitsalltag oftmals.

Und wann wird’s idyllisch?

Ganz ehrlich: Die tollen Momente, wo ihr mit einem kühlen Bier vor der Laube sitzt und den Vollmond hinter den Quittenblüten aufsteigen seht, werden in eurem eigenen Schrebergarten vielleicht seltener sein, als ihr vorab denkt. Wenn ihr vor allem die Freizeitidylle wollt, dann überredet Eltern oder Schwiegereltern zum Kleingärtnern. Oder bildet mit einer befreundeten Familie eine Gartengemeinschaft nach dem Motto „Geteilte Arbeit, doppelte Freizeit“. Bezüglich der Kinder habt ihr übrigens viel richtig gemacht in eurem Garten, wenn die 14-Jährige dort eine sommerliche Übernachtungsparty mit Freundinnen plant, der 17-Jährige auf dem Rad einen Kasten Bier zur Laube balanciert – und in der Woche drauf ein Aushang im Vereinsschaukasten besagt: „Liebe Gartenfreund:innen, bitte achtet darauf, dass eure Jugendlichen es am Abend und nachts in der Gartenanlage mit der Lautstärke nicht übertreiben und die öffentlichen Anlagen sauber hinterlassen. Danke.“

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