Mein ältester Sohn hat mir aus dem Urlaub ein Paar Flipflops mitgebracht! Wie bei jedem guten Geschenk erschließt sich aus der Sache an sich nicht im Mindesten, warum er damit ins Schwarze getroffen hat. Wenn ich es aufdröseln müsste: 1) Es war eine Überraschung, dazu 2) nützlich, und 3) das Muster mein Geschmack. Insgesamt also: Volltreffer! Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich über alles gefreut hätte – es kam ja von jemandem, den ich sehr mag. Wobei die Kombination aus unerwartet, brauchbar und ansprechend unschlagbar ist, oder? Unschlagbar und sehr schwer umzusetzen, denn Erwachsene können sich im Grunde alles selbst kaufen, was sie brauchen. Wer deshalb konkrete Wünsche äußert, kann nicht mehr überrascht werden. Wer sich überraschen lassen möchte, wird vielleicht enttäuscht, weil es doch nicht das Richtige war.
Einfach vs. befriedigend
Dieses Problem lösen Wunschlisten, die sich für mich immer ein bisschen langweilig anfühlen. Andererseits bekommen die Beschenkten auf diese Weise das, was sie sich wünschen und was sie brauchen. Hochzeitslisten, Geschenkkisten für Kindergeburtstage, aber auch Kinderwunschlisten vor Weihnachten fallen in diese Kategorie. Wunschlisten sind sinnvoll, wenn man genau weiß, was man gern hätte – und wie Kinder keine andere Möglichkeit, sich den Wunsch zu erfüllen. Insofern: legitime Sache! Befriedigend sind spontane Einfälle wie die Flipflops aus dem Urlaub – für Schenker und Beschenkte, die etwas bekommen, von dem sie nicht wussten, dass es ihnen fehlte.
Fair vs. gerecht
Sollten deine Kinder zu Weihnachten alle gleich große Geschenke bekommen? Was bedeutet eigentlich gleich groß? Gleich teuer? Gleich ersehnt? Oder wirklich mit ähnlichen Ausmaßen? Weil es bei uns immer mehrere Päckchen zum Auspacken gab, habe ich durchaus darauf geachtet, dass die Anzahl für jedes Kind ungefähr gleich war – zumindest, als die Kinder kleiner waren. Inzwischen frage ich meine erwachsenen Kinder nach konkreten Wünschen. Ansonsten gibt’s Geld und kleine Aufmerksamkeiten. Aber schon immer noch möglichst gerecht verteilt. Was immer man darunter versteht …
Geplant vs. spontan
Das Internet spuckt zum Thema spontane Geschenke und Kinder sofort die Warnung aus, dass Kinder nicht mit Geschenken überhäuft werden sollten. Klar, Zuneigung hat nichts mit materiellen Dingen zu tun – und weniger ist auch im Kinderzimmer mehr. Aber wenn mein Kind sich etwas sehr wünscht, dann überlegen wir gemeinsam, was dahintersteckt. Denn wenn man Geschenke und Materielles nicht zu hoch hängen möchte, ist es auch in Ordnung, Wünsche zu erfüllen, die gerade dran sind. So verfahre ich auch mit Geschenken im Freundeskreis: Wenn mir etwas Tolles über den Weg läuft, schlage ich zu und verschenke es oft gleich – bevor meine Euphorie oder mein Mut verfliegt, denn mit Geschenken hängt man sich ja immer auch ein bisschen aus dem Fenster.
Mit Erwartung vs. ohne Bedingung
De facto sind mit Geschenken bestimmte Erwartungen verknüpft: Freu dich! Sei mir dankbar! Bleib mir verbunden! Benutz es!! Idealerweise ist ein Geschenk aber ein Angebot, keine Verpflichtung. Wenn mir jemand ein Geschenk macht, dann würdige ich die Tatsache, dass sich jemand Mühe gegeben hat. Ich freue mich über die Zuneigung, die dahintersteckt. Aber ich bin nicht verpflichtet, mich über das Ding an sich zu freuen. Ich darf es weitergeben, wenn es mir nicht gefällt, und brauche deshalb kein schlechtes Gewissen zu haben.
Gut vs. gut gemeint
Aber mit Gutscheinen kann man nichts falsch machen, oder? Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber bei uns liegen die oft so lange herum, bis sie irgendwann nicht mehr einzulösen sind. Wobei meine Kinder unvorsichtigerweise auf ihre kein Verfalldatum geschrieben haben – ich kann sie also bis an mein Lebensende zum Einkaufen, Vorlesen, Putzen nötigen. Lieb gemeint, aber durchaus schwierig finde ich Gutscheine für gemeinsame Aktionen – wenn also jemand über meine Zeit in der Zukunft verfügt. Kann eine super Idee sein, kann aber auch schiefgehen.
Immer schon so vs. von jetzt an so
Eine Freundin erzählte mir vor Kurzem, in ihrer Familie sei es üblich, dass die Patenkinder ihren Paten zu Weihnachten etwas schenken. Solange die Kinder dazu zu klein sind, übernehmen die Eltern diese Aufgabe. Ich fand das Konzept zunächst höchst merkwürdig und irgendwie unehrlich: Die Paten wissen doch, dass de facto natürlich die Eltern das Geschenk besorgt haben? Andererseits ist es nicht verkehrt, seinem Kind vorzuleben, dass man zu bestimmten Gelegenheiten an seine Lieben denkt und versucht, ihnen eine Freude zu machen. Und unterm Strich zeigt das Beispiel vor allem eins: Welchen Regeln Familien folgen, ist höchst individuell. Paare bringen jeweils ihr eigenes Verständnis davon mit, was „normal“ ist. Wenn zwei neue Systeme aufeinandertreffen, dann braucht es vor allem Toleranz und gleichzeitig die Bereitschaft, zu reflektieren: Was übernehmen wir für unser gemeinsames Leben als junge Familie? Unsere Weihnachtsgeschenktradition etwa hat sich mit den Freundinnen unserer großen Söhne verändert. Ich war ehrlich gestanden früher zu eingespannt, um viele Kleinigkeiten hübsch zu verpacken und unter den Baum zu legen, es gab deshalb eher wenige, größere Geschenke. Meine erwachsenen Kinder haben aber Spaß an lustigem Schnickschnack und setzen viel Zeit in ein sehr ausgeklügeltes Wichtelprinzip. Ich schaue mir das mit großem Vergnügen an – und fühle mich reich beschenkt.