Wenn Noar aus der Schule kommt, braucht er erst einmal Zeit zum Reden beim Essen mit Mama Schirin Salem. Danach geht es für den Zehnjährigen entweder nach draußen oder zu einem Gesellschaftsspiel an den Tisch. Ein Handy hat Noar nicht. Für das Tablet gibt es feste Zeiten am Wochenende. Schirin Salem ist Pädagogin und Medienwissenschaftlerin und nutzt digitale Medien beruflich, begegnet ihnen jedoch mit kritischer Achtsamkeit. „Neulich hatte ich mein iPad offen liegen lassen. Später sagte mein Sohn: ,Mama, es hat mich einfach angezogen und ich konnte mich kaum davon lösen.‘ Da wurde ihm klar, wie schnell ein digitales Medium zu einem Suchtmittel werden kann. Noar konnte sich nicht kontrollieren“, sagt Schirin Salem, der es wichtig ist, mit ihrem Sohn im Gespräch zu bleiben, feste Regeln und Zeitfenster bei Medien zu haben. „Ich kenne die Mechanismen, die dahinterstecken. Für mich ist es wichtig, dass Kinder sehen, was Medien mit ihnen machen. Deshalb steht bei mir auch im Vordergrund, meinen Sohn zu stärken. Viel wertvoller für mich als zehn Apps zu kennen, ist ein starkes Ich“, sagt Schirin Salem, die sich auch beruflich um die Stärkung von Kindern und Frauen kümmert. „Wir müssen Kinder stark machen, bevor sie ein Smartphone bekommen, nicht erst danach.“ In einer zunehmend digitalisierten Welt gehören Tablets, Smartphones und Laptops längst zum Schul- und Lebensalltag von Kindern und Jugendlichen dazu, und das ist mit Blick auf die digitale Transformation, die in Alltag und Beruf stattfindet, auch von Unternehmen gewünscht – Schulen und Eltern als Verantwortliche für die Medienkompetenz von Kindern. Besonders seit der Coronazeit sind Tablets wie das iPad in vielen Klassenzimmern etabliert. Sie werden für Hausaufgaben, Recherchen und Gruppenarbeiten genutzt, aber oft auch mit nach Hause genommen. „Eine zentrale Grundlage für den verantwortungsvollen Umgang mit Medien ist die Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern. Daher wird Medienkompetenz im Unterricht aller Schulformen auf Grundlage des Medienkompetenzrahmens NRW systematisch vermittelt. Darüber hinaus tragen die überarbeiteten Lehrpläne diesem Anspruch Rechnung. Lehrkräfte erhalten außerdem praxisorientierte Fortbildungsangebote durch die Bezirksregierungen“, heißt es aus dem Schulministerium. Doch wer ist für die inhaltliche Sicherung von Smartphones, Tablets und Laptops eigentlich verantwortlich? An Schulen gibt es sogenannte Digitalisierungs- und Medienbeauftragte, die sich um Medien wie zum Beispiel iPads kümmern. „Wir sehen das so, dass sowohl die Schule als auch die Eltern gemeinsam die Verantwortung tragen. Wenn Medienerziehung gelingen soll, dann muss das eine sehr enge Zusammenarbeit sein. Es sollte ein regelmäßiger Austausch zwischen Schülerinnen, Schülern und den Eltern stattfinden“, so Derya Lehmeier von der Landesanstalt für Medien (LFM NRW) in Düsseldorf.
Die Nutzung von Tablets und Handys mit einem Mediennutzungsvertrag
Im Vordergrund steht die eigene Medienkompetenz, die frühzeitig geregelt werden sollte. „Wichtig ist, dem Kind zu vermitteln, dass das iPad ein Werkzeug ist, das man nutzen darf. Wir empfehlen, dass Lehrkräfte und Eltern es nur für die schulische Nutzung zur Verfügung stellen, und später, wenn es einschlägige Kompetenzen erworben hat, dann darf das Kind das auch zu Hause nutzen. Aber dafür sollte es Regeln geben“, so die Medienpädagogin. Um Regeln einzuhalten, gibt es beispielsweise einen sogenannten Mediennutzungsvertrag für Kinder und Eltern zum Herunterladen. „Da kann man festlegen, zu welchen Zeiten das iPad genutzt wird und wie oft. Außerdem kann festgelegt werden, was ein Kind machen kann, wenn es ein neues Spiel oder eine neue App nutzen möchte. Wichtig ist, darüber mit den Eltern zu sprechen“, so Derya Lehmeier. Wer sich über den Umgang mit einem Tablet informieren möchte, kann das auch auf der Seite internet-abc.de tun. „Hier gibt es eine Checkliste für den Umgang mit den Schultablets, die Eltern sich herunterladen können“, so Derya Lehmeier.
Aufklärung durch Medienscouts
Die LFM NRW bildet außerdem medienpädagogische Coaches aus, die wiederum Schülerinnen und Schüler als sogenannte Medienscouts in nordrheinwestfälischen Schulen ausbilden. Mitschülerinnen und Mitschüler können sich bei Medienfragen von ihnen beraten lassen. Mehr Informationen gibt es unter medien-scouts-nrw.de. Doch auch zu Hause sollten Eltern sich mit den wichtigsten Tools und Sicherheitsstandards für digitale Medien auskennen, denn oftmals wissen viele Eltern nicht, wie sie es technisch kindersicher machen können, sodass gefährliche Inhalte oder Fremde das Kind nicht erreichen. Die Website medien-kindersicher.de kann da weiterhelfen. „Das ist eine Website, die darüber informiert, wie man alle digitalen Angebote, aber auch Hardware kindersicher einstellen kann. Man erfährt dort auch, wie man Zeitlimits einstellt, das Profil eines Kindes unsichtbar für andere macht und wie Fremde ein Kind nicht kontaktieren können“, sagt die Medienpädagogin. Generell rät Derya Lehmeier dazu, dass sich Eltern so früh wie möglich zum Thema Medien informieren sollten. „Am besten ist es, ganz früh anzufangen. Bei fragzebra.de, einem Angebot der Landesanstalt für Medien NRW, das auch auf Social Media präsent ist, können Eltern Fragen stellen und sich zu wichtigen Themen, wie zum Beispiel zum Cybermobbing austauschen“, sagt die Medienpädagogin. Cybermobbing kommt in Messengerdiensten und im Netz vor. Erwachsene und Kinder sind davon betroffen. „In der Schule sollte für das Thema sensibilisiert werden. Sobald Mobbing auftaucht, sollten Betroffene so schnell wie möglich handeln. Hier zählt jede Minute, denn Inhalte verbreiten sich schnell“, so Lehmeier. Hier sei es wichtig, mit Screenshots Beweise zu sichern, das Gespräch mit einer Vertrauensperson zu suchen und gegebenenfalls eine Anzeige zu erstatten.