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Politische Bildung an einem besonderen Ort

Ein Besuch im Stadion ist für viele Jugendliche ein Highlight. Die Flutlichter, das Grün des Rasens, der Blick über die Tribüne – hier pulsiert das Leben. Doch im Rahmen des Projekts „BildungsKick“ ist die Arena mehr als nur Spielstätte für Fortuna Düsseldorf. Sie wird zum Klassenzimmer, zum Ort der Begegnung, zum Resonanzraum für große Fragen: Was bedeutet Diskriminierung? Wie funktioniert Demokratie? Was heißt es, man selbst zu sein – 
in einer Gesellschaft voller Erwartungen?

Stuhlkreis beim Bildungskick

Claudia Giesen

23.09.2025

Lesezeit 3 Minuten

Ich durfte eine Schulklasse aus Dormagen begleiten, als sie an einem zweitägigen Workshop im Rahmen von BildungsKick teilgenommen hat. Treffpunkt war das Stadion, von dort aus führte der Weg durch die Tribünen bis in eine exklusive Lounge, in der sonst nur Spielerfamilien das Spiel verfolgen dürfen. Ein besonderer Raum – mit weitem Blick über das leere Stadion, das wenige Tage zuvor noch Bühne für ein Guns N’ Roses-Konzert war. Doch statt Rockmusik und Fußball ging es um gesellschaftlich relevante Themen: Diskriminierung in all ihren Facetten. Geleitet wurde der Workshop von Sandra Schiefer vom Jugendring Düsseldorf und ihrem Kollegen Kevin Kurzböck. Gemeinsam mit der Klasse analysierten sie Bilder, sprachen über Stereotype, Vorurteile und Erfahrungen. Die Jugendlichen waren aufmerksam, offen und diskussionsfreudig – manchmal auch zurückhaltend und kritisch. Aber genau darum geht es: einen Raum schaffen, in dem alles gesagt werden darf, solange es respektvoll bleibt.

Jeder Workshop ist politisch

Die Workshops von „BildungsKick“ haben immer eine politische Dimension – selbst wenn das Thema auf den ersten Blick nicht danach klingt. Es geht um Antisemitismus, Sexismus, queere Lebenswelten, Suchtprävention oder demokratische Teilhabe. „Im Kern geht es immer um Haltung, um das Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft“, erklärt Projektleiterin Sandra Schiefer. Ziel ist, Jugendliche zu befähigen, kritisch zu denken, Position zu beziehen und sich einzumischen – unabhängig von Herkunft oder Vorwissen. Seit 2023 ist Schiefer Teil des Teams, das vom Jugendring Düsseldorf getragen wird. Das Ziel: politische Bildung lebensnah gestalten. Und das funktioniert im Stadion besonders gut. „Das ist kein Klassenzimmer, hier gibt es keine Noten, keine Tafel“, sagt sie. Die Atmosphäre, das Setting, die Freiheit – all das erleichtert den Einstieg in komplexe Diskussionen. „BildungsKick“ wurde 2021 in Düsseldorf etabliert und ist Teil des Netzwerks „Lernort Stadion“. In Düsseldorf finden jährlich rund 50 Workshoptage statt. Die Themen reichen von Erinnerungskultur bis Wahlempowerment. Mit an Bord sind Partner wie Zweitzeugen e. V., Schlau Düsseldorf, ProFa oder Crosspoint. Je nach Thema sind Lehrkräfte bei den Workshops anwesend – oder bewusst nicht. Bei sensiblen Themen wie Suchtprävention oder sexueller Bildung wird Jugendlichen ein geschützter Raum geboten. Auch bei Wahlempowerment-Workshops bleiben Lehrkräfte außen vor – damit sich die Jugendlichen unabhängig vom schulischen Kontext mit Politik auseinandersetzen können. Bei anderen Formaten wie Diskriminierung sind sie hingegen dabei, sogar oft aktiv eingebunden. Ihre Anwesenheit dient dabei nicht nur der Begleitung, sondern auch der Verankerung: Inhalte und Impulse aus dem Workshop können so im Schulalltag aufgegriffen und vertieft werden.

Fußball als Spiegel der Gesellschaft

Ein Highlight ist die Stadionführung am ersten Tag. In Düsseldorf wird sie von Claudia Beckers durchgeführt, die bei Fortuna Düsseldorf auch für die Betreuung der Spielerfamilien zuständig ist. Die Führung verbindet Einblicke ins Stadionleben mit persönlichen Geschichten  und schafft so Identifikation. Etwa einmal im Jahr ist auch Shinta Appelkamp, Spieler von Fortuna Düsseldorf, als Projektpate dabei. Der Mittelfeldspieler mit japanischen Wurzeln beantwortet Fragen, spricht über Diskriminierung im Fußball und zeigt, wie vielfältig Lebenswege sein können. Das Stadion ist Spiegel der Gesellschaft: „Im Fußball ist alles verdichtet“, sagt Sandra Schiefer. „Rassismus, Antisemitismus, Sexismus – all das findet man hier besonders drastisch. Aber Fußball kann auch verbinden.“ Dieses Spannungsfeld macht „BildungsKick“ fruchtbar: als Ort der Auseinandersetzung, der Reflexion. Die Workshops dauern zwei Tage. Der erste dient dem Kennenlernen, der zweite bringt oft mehr Tiefe. Nicht immer gelingt es, alle zu erreichen. Doch: „Am Ende des Tages hoffe ich immer, dass ich kleine Pflänzchen in Köpfe setze, die halt irgendwie weiter wachsen“, sagt Schiefer. „Mehr kann man realistisch gesehen in zwei Tagen nicht erreichen.“

Großer Bedarf, begrenzte Mittel

Getragen wird das Projekt maßgeblich vom Jugendring Düsseldorf, der sowohl die Organisation als auch einen großen Teil der Finanzierung übernimmt. Weitere Unterstützung kommt von der DFL-Stiftung und von Fortuna Düsseldorf – der Verein bringt sich nicht nur finanziell ein, sondern ist auch in die Umsetzung vor Ort eingebunden. Dennoch sind die Wartelisten lang. „Mit mehr Mitteln könnten wir deutlich mehr Workshops anbieten“, so Schiefer. Denn der Bedarf ist groß – gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung. Was bleibt? Für manche die Erinnerung an die Lounge mit Stadionblick. Für andere ein neues Verständnis von Vielfalt. Ein Aha-Moment. Oder die Erkenntnis: Ich darf meine Meinung sagen und andere auch. Und dass genau das der Kern von Demokratie ist.

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