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Ist paritätische Partnerschaft möglich?

Ist Gleichberechtigung in einer Partnerschaft schlicht eine Illusion? Wann ist Partnerschaft gleichberechtigt – ein Interview mit Dr. Sabine Diabaté, wissenschaftlicher Mitarbeiterin beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB. Sie hat in einem Projekt zum Thema „Familienleitbilder“ geforscht.

Porträt von Sabine Diabaté

Eva Rüther

20.03.2024

Lesezeit 2 Minuten

Welche Vorstellungen haben Paare, wenn sie Eltern werden?

Die allermeisten Eltern möchten eine gleichberechtigte Partnerschaft leben. Doch wenn das Baby dann auf der Welt ist, machen viele Eltern eine Rolle rückwärts: Die meisten Frauen bleiben dann doch zu Hause und sind mit der Carearbeit, Hausarbeit und Kindererziehung beschäftigt. Was auch oft einfach daran liegt, dass sie ihr Baby stillen und ein neuer Bindungsfaktor entsteht. Die Maßstäbe verschieben sich, wenn das Kind erstmal da ist.

In der Forschung sprechen Sie von „Familienleitbildern“. Was meinen Sie damit?

Grundsätzlich haben wir alle Überlegungen und Vorstellungen davon, wie wir Beruf, Kindererziehung und Haushalt paritätisch vereinbaren können. Wenn wir ein gemeinsames Nest bauen möchten, haben wir verschiedene Normen im Kopf. Dies sind eben die sogenannten „Familienleitbilder“. Hier spielen aber auch Vorstellungen unserer Umwelt eine Rolle: Was hält die Gesellschaft für üblich, was hat sich bewährt? Welche Erwartungen werden an Männer und Frauen gestellt?

Welche Rolle hat der Vater in der Familie meistens?

Wir haben herausgefunden, dass gerade das Thema der finanziellen Absicherung eine große Rolle spielt – und in der aktuellen Zeit der Polykrisen vermutlich noch zunehmen wird. Deshalb sichert dann meistens doch der Vater die Familienfinanzierung ab.

Ist das nicht ein völlig veraltetes Bild? Hat sich da nicht mittlerweile etwas geändert?

Doch! Es gibt eine positive Bewegung: Viele Väter sind zwar tagsüber unterwegs, sie sind aber zum Abendessen zu Hause. Sie holen ihr Kind vom Kindergarten ab und wollen vor allem ein aktiver Papa sein. Insofern gibt es hier einen wichtigen Schritt hin zur paritätischen Partnerschaft. Papas spielen in ihrer Freizeit liebevoll mit dem Kind und suchen nach einer Auszeit, die sie dann sinnvoll mit dem Sohn, der Tochter nutzen.

Welche Rolle spielt die Mutter?

Es hat sich gezeigt, dass die meisten von ihnen einen Beruf in Teilzeit ausüben und eben nicht in Vollzeit. Vor allem ist die Mutter nach wie vor Familienmanagerin: Sie übernimmt meistens die gesamte Organisation – passen die Schuhe noch, ist das Geschenk für den Kindergeburtstag organisiert, was essen wir heute, wann plane ich den Arzttermin, ist die Fahrkarte noch gültig – all diese Aufgaben liegen nach wie vor bei den Müttern.

Das ist viel ...

Ja, und genau deshalb ist der Erwartungsdruck bei Frauen besonders hoch: Sie sollen einerseits hingebungsvolle und aufopferungsvolle Mütter sein, aber auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Eine Mutter, die wiederum in Vollzeit arbeitet, wird immer noch eher als Rabenmutter angesehen; es wird in Frage gestellt, ob sie eine gute Mutter sein kann.

Wie können wir das ändern?

Ich meine, dass auf dem Weg hin zu einer gleichberechtigten Partnerschaft die gesamte Gesellschaft gefordert ist. Carearbeit muss nun mal geleistet werden. Es geht aber um eine entsprechende Wertschätzung. Diese Arbeit muss wirklich wertgeschätzt werden. Hinzu kommt, dass Strukturen stimmen müssen, um paritätisch leben zu können; es beginnt ja schon im Kita-Bereich, wo es einen Fachkräftemangel gibt, und geht weiter bis zur Ganztagsbetreuung.

Wie können wir also in der Partnerschaft paritätisch leben?

Ich halte nichts davon, alles gleich machen zu wollen. Ich halte das für eine Illusion. Ich finde es auch gar nicht nötig, um in einer paritätischen Partnerschaft zu leben. Es geht nicht darum, als Frau unbedingt mit der Bohrmaschine arbeiten zu müssen, um Gleichberechtigung zu leben. Wir sollten uns nicht verbiegen; jeder soll die Fähigkeiten einbringen, die er hat. Es darf dabei nur kein Machtgefüge entstehen, keine Asymmetrie in der Partnerschaft.

Was sollen wir tun, wenn diese Asymmetrie besteht?

Kommunikation ist wichtig. Wir sollten immer im Dialog miteinander und aufmerksam bleiben. Vielleicht kann das Paar „nachjustieren“. Hier können wir übrigens auch schon Kinder mit einbeziehen und sie fragen, ob sie zufrieden sind, was wir als Familie ändern können. Dadurch lernen sie Demokratie und Gleichberechtigung von klein auf. Ihre Meinung zählt, sodass wir mündige Personen und gleichberechtigte Partner erziehen. Und schließlich möchte ich auch noch etwas deutlich sagen: Bei all diesen Debatten geht es immer um die Bedürfnisse der Eltern. Das ist wichtig und gut. Beim Forschungsprojekt AID:A wurden Kinder befragt, was sie sich von ihren Eltern wünschen. Sie haben geantwortet: Zeit.

Das Gespräch führte Eva Rüther.

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