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Ängste abbauen!

Familie Hansch erfuhr durch eine Fruchtwasseruntersuchung, dass ihre Tochter Trisomie 21 haben wird. Wie sie damit umgehen, erzählt Guido Hansch im Interview.

kleines Mädchen mit Down-Syndrom sitzt auf einer Treppe und hält einen Turnschuh in der Hand

Pia Arras-Pretzler

22.02.2024

Lesezeit 3 Minuten

Wie viele Kinder haben Sie? Welches Kind hat das Extra-Chromosom? 

Wir haben drei Kinder mit neun, sieben, und dreieinhalb Jahren. Unsere Jüngste, Fritzi, hat das Down-Syndrom.

Zu welchem Zeitpunkt war klar, dass Ihr Kind Trisomie hat?

Die gesicherte Diagnose stand ca. in der 16. SSW fest, wobei die Diagnostik insgesamt fast drei Wochen in Anspruch genommen hat.

Wie sind Sie damit umgegangen?

In den ersten Tagen kann man unseren Zustand wohl am besten mit Schockzustand beschreiben und eine Art Hilflosigkeit zwischen den verschiedenen Untersuchungen, in der man sich an jede Statistik klammert, dass die Diagnose doch vielleicht falsch-positiv war und man zu denjenigen gehört, deren Diagnose sich am Ende als unrichtig herausstellt.

Wie ging es dann weiter?

Nachdem dann der Anruf nach der Fruchtwasseruntersuchung kam mit dem unumstößlichen Ergebnis, haben wir versucht, uns „fachlich“ von verschiedensten Seiten beraten zu lassen. Zunächst von einem kirchlichen Seelsorger, was menschlich und auch fachlich leider so gar nicht gepasst hat. Dann von dem damaligen Kinderarzt unserer Jungs, um einen medizinischen Blick auf die Trisomie zu erhalten, danach von unserem Hausarzt, der auch gleichzeitig eine psychotherapeutische Zusatzqualifikation besitzt, über einen Genetiker bis hin zu der lieben Frau Leppler, der Gründerin der Westdeutschen Down-Syndrom-Ambulanz in Velbert und ebenfalls Mutter eines Kindes mit T21. Das ernüchternde Ergebnis dieser vielen Stationen aus Fachleuten war, dass uns zum überwiegenden Teil unverblümt abgeraten wurde, uns „DAS“ anzutun, ob wir nicht wüssten, die Scheidungsrate sei erheblich erhöht, wenn man ein Kind mit T21 bekommt, dass man auch an seine „gesunden“ Kinder denken muss, an sich selbst und seine Träume , die man alle begraben müsse …

Sicher gab es auch wenige Stimmen, die ein neutraleres oder auch liebevolleres Bild vermittelt haben, das schon, aber gegen die Übermacht der sehr übergriffigen „Beratung“, die oft mehr das Überstülpen des eigenen negativen, aber auch oft unwissenden Bildes über Menschen mit Down-Syndrom war, gerieten diese leider völlig in den Hintergrund. Von engen Freunden und Familie gab es keinen Druck in irgendeine Richtung, dennoch war auch hier die Hilflosigkeit spürbar. Wir haben also mehr als gehadert. Bei meiner Frau und mir gab es zwei unterschiedliche Ereignisse, die für unsere letztendliche Entscheidung den Ausschlag gegeben haben. Bei meiner Frau war es lustigerweise ein Satz, den unser Pränataldiagnostiker einmal gesagt hat, einer, der tagtäglich Entscheidungen zu Schwangerschaftsabbrüchen begleitet. Dieser Satz ist meiner Frau nicht mehr aus dem Kopf gegangen: „Trisomie 21 ist mit dem Leben vereinbar.“ Bei mir war es eine Begegnung im Wartezimmer der Down-Ambulanz, mit einem ganz tollen kleinen Mädchen mit T21, die, ohne mich jemals zuvor gesehen zu haben, mit offenen Armen auf mich zugestolpert kam und mich ganz fest gedrückt hat.

Immer noch voller Angst und dem Gefühl, überhaupt nicht darauf vorbereitet zu sein, haben wir uns gemeinsam für unsere Tochter entschieden. Und ab dann auch komischerweise nicht mehr gezweifelt. Diese Entscheidung schien nach dem langen Hadern für uns das Richtige gewesen zu sein. Das sehr gelungene Heft „ Von Mutter zu Mutter“ hat uns leider erst nach unserer Entscheidung für Fritzi erreicht, hat uns aber nochmal Mut gemacht.

Was hätten Sie damals schon gern gewusst?

Zunächst einmal, dass die Diagnose Down-Syndrom kein Grund zum Verzweifeln ist. Zwar wird der Lebensentwurf sehr wahrscheinlich anders als geplant ablaufen, bietet dafür aber viele wunderbare Momente, die man ansonsten nie erlebt hätte. Auch unsere anfängliche Angst, ob die Behinderung von Fritzi eine Belastung für ihre Geschwister sein könnte, hat sich als unbegründet, ja sogar als das genaue Gegenteil herausgestellt.

Welchen Tipp würden Sie Ihrem jüngeren Ich heute geben?

Wir würden uns aus der Zukunft heraus raten wollen, mutiger zu sein. Nicht so sehr über die gesellschaftliche Meinung nachdenken, und immer wieder so offen und proaktiv mit der Diagnose unserer Tochter in die Welt hinausgehen, denn nur so kann sich das Bild von Menschen mit Down-Syndrom weithin verändern und hoffentlich Ängste, wie wir sie hatten, abbauen.

Wie geht es Ihrem Kind jetzt?

Wir sind sehr glücklich mit der Entwicklung von Fritzi. Sie liebt es, mit ihren großen Brüdern zu raufen und wild durch die Gegend zu krabbeln, und bereichert unser Familienleben mit ihren feinen Antennen, was Stimmungen und Gefühle anderer angeht. Wir konnten ihren angeborenen Herzfehler glücklicherweise frühzeitig sehr gut operieren lassen, sodass wir sehr dankbar sind, dass es ihr auch gesundheitlich gut geht. 

Das Gespräch führte Pia Arras-Pretzler.

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