Wie oft erleben wir es selbst: ein PING und ciao Aufmerksamkeit. Unsere Augen wandern schnell zum Handy. Mein Portal in eine Welt jenseits vom Elternsein und Alltagssorgen. Eine willkommene kleine Flucht, die meinen Tag auflockert. Doch auch mein sechsjähriger Sohn und sein kleiner Bruder haben diese Flucht für sich entdeckt. Eine neue Routine, die bequem in zwei kleine Kinderhände passt. Doch in Wirklichkeit waren diese 8 Zoll in einer unkaputtbaren, fröhlichen Hülle ein trojanisches Pferd, das den Familienalltag auf den Kopf stellte. Und zu unruhigeren Kindern führte.
Der bunte Bildschirm war allgegenwärtig, ob vor oder nach der Kita oder zum Einschlafen. Und das schlechte Gewissen wegen des Tablet-Konsums kam schneller als nach einem Tablett voller Fast Food. Die Wahrheit ist: Wir hatten es uns zu bequem gemacht. Ich selbst wurde als Kind mit Gameboy und Co. sozialisiert. Doch der Gedanke, dass es ja nicht so schlimm sein kann, fühlt sich überholt an. Zeiten und Medienangebote ändern sich. Zugegeben, kurz nach der Trennung hat der Bildschirm mich im Alltag gerettet. Binge-Parenting mit gleichzeitigem Vollzeitjob ohne Unterstützung – schwierig. Also habe ich mir digitale Hilfe geholt bis die Erkenntnis kam: Etwas muss sich ändern. ICH musste diese Veränderung sein. Denn die Kinder ahmen nach, was ihnen vorgelebt wird. Die Welt drinnen und draußen hat doch so viel mehr zu bieten. Klare Regeln und Konsequenzen sorgten für eine bessere Balance: Wird zu viel geschaut, bleibt weniger Zeit für Lego, Rad fahren und andere Abenteuer. Keine Bildschirme beim Essen. Es gibt ein klares Zeitkontingent für den Tag, greifbar gemacht durch lustige Smiley-Münzen. Lieber Wissens- und andere „gute“ Sendungen, das heißt australische Hundefamilie statt Helfer auf vier Pfoten. Und ganz wichtig, Memo an mich selbst: das Handy weglegen und rausgehen. Als Belohnung gibt’s nicht nur ausgeglichenere Kinder, sondern auch eine positive Push-Benachrichtigung der Health-App für die extra Schritte.
Wer jetzt denkt: Fehlt da nicht etwas? Richtig. Was passiert, wenn die Kinder bei der Mama sind? Nur brutal ehrliche Kommunikation mit einigen Stolperfallen hat uns geholfen, einen gemeinsamen Erziehungsweg zu finden. Einen Weg, der aber noch lange nicht ans Ziel geführt hat. Heute, knapp ein Jahr nach der Trennung: Der Konsum ist reduziert. Die Kinder spielen mehr miteinander, mal mehr oder weniger harmonisch. Der Bildschirm wird bewusst eingesetzt als eines von 1000 Spielsachen. Und nicht als einziges. Und natürlich gibt es auch Familienfilmabende. Popcorneimer und Angstkissen für Notfälle inklusive. Dann dürfen es auch gerne 90 Minuten am Stück sein. 90 Minuten Verbundenheit. Mein Joker. Ein Glück, dass Kinderfilme keine Überlänge kennen. Noch nicht.