Als ich ihn eine Woche später in seinem Büro treffe – mit dem vermutlich schönsten Blick Düsseldorfs auf den Rhein – , habe ich mir deshalb zum Einstieg einige Entweder-oder-Fragen überlegt. André Kuper erweist sich bei diesem Einstieg als offener Gesprächspartner, aber definitiv nicht als Entweder-oder-Typ: „Damit tun Sie mir jetzt richtig weh!“, meint er stirnrunzelnd, denn nur die Entscheidung zwischen Tee oder Kaffee („Immer Tee, nie Kaffee!“), Vorspeise oder Nachtisch („Nachtisch!!“) und Dankbarkeit oder Stolz („Dankbarkeit!“) fällt ihm leicht. Alle anderen Fragen würde er viel lieber mit einem überzeugten und fundierten Sowohl-als-Auch beantworten – nicht die schlechteste Voraussetzung für seine Rolle als überparteilicher Schiedsrichter, die er, wie er selbst sagt, in großer Demut ausfüllt. Eine schwere Krebserkrankung als junger Erwachsener, ein Schlaganfall seiner Frau Monika und die Tatsache, dass seine Schwester seit Langem im Rollstuhl sitzt, lässt ihn so manches gelassener oder weniger selbstverständlich sehen. Überhaupt: „Man sieht nur mit dem Herzen gut ..., das ist mein Lieblingsspruch.“ André Kuper stammt aus Wiedenbrück in Westfalen und lebt seit seiner Grundschulzeit in Rietberg, wo er schon früh seine Frau kennengelernt hat. Dafür, dass sich Kuper selbst als „Kopfmensch“ sieht, hat er in seinem Leben schon viele recht spontane Wendungen vollzogen. Nach seiner Ausbildung in der Stadtverwaltung Rietberg erkundigte er sich nach Möglichkeiten, das Abitur nachzuholen. Es stellte sich heraus, dass der Kurs am Abendgymnasium am nächsten Tag beginnen sollte. Er besprach sich kurz mit seiner späteren Frau, sie fand es gut, er schrieb sich
ein – ein Muster, das sich in seinem Leben noch öfter wiederholen sollte. Zum Beispiel, als ihm später die Position als hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Rietberg angeboten wurde. Oder die als Präsident des Landtags. „Ich hatte eine grobe Vorstellung davon, was auf uns zukommen würde“ – viele Termine, unterschiedlichste Begegnungen und jede Menge Gestaltungsmöglichkeiten. Die Kuper nutzt und entwickelt, um wo immer möglich für ein demokratisches Miteinander zu werben. Der Kern von Demokratie ist für ihn: nachzufragen, was man für die Allgemeinheit tun kann. „Wenn ich Menschen aus früheren Lebensphasen treffe, dann meinen die oft, dass ich immer schon so war. Ob das stimmt oder ob man sich so etwas im Nachhinein zusammenreimt, kann ich nicht beurteilen, aber ich habe angeblich als Kind schon Konflikte geschlichtet und das große Ganze erklären wollen“, erzählt Kuper. Dass mein Zeitslot mit ihm sich langsam schließt, merkt man Kuper bis zum Schluss nicht an.