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Wir sind privilegiert

Vier Fragen zum Thema  Reisen in der heutigen Zeit an den Zukunftswissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Reinhardt.

Prof. Dr. Ulrich Reinhardt steht mit verschränkten Armen vor grauer Mauer

Eva Rüther

21.12.2022

Lesezeit 2 Minuten

Libelle: Wie hat sich das Reisen verändert?

Prof. Dr. Ulrich Reinhardt: Urlaub ist und bleibt das Highlight des Jahres. Aber natürlich haben Corona, der Ukraine-Krieg oder die Inflation Auswirkungen. Die Pandemie hat die letzten Jahre geprägt, zunächst konnte gar nicht mehr verreist werden. Als es wieder losging, verschoben sich die Reiseziele vom Ausland ins Inland. Aktuell ist die Sorge vor einer kurzfristigen Stornierung der Reise größer als die Sorge vor einer möglichen Ansteckung – die Bürger wollen ihren Urlaub also wieder genießen und sehnen sich nach einer Auszeit ohne Sorgen. Der russische Angriffskrieg hat viele in Unsicherheit versetzt, hatte jedoch zunächst nur bedingt Auswirkungen auf unser Reiseverhalten. Dieses änderte sich in dem Moment, als die Preise anzogen und viele Bürger sparen mussten. Auf den Urlaub ganz verzichten wollten die meisten dennoch nicht und änderten stattdessen ihr Reiseziel, verkürzten die Reisedauer oder schränkten sich im Vorfeld bzw. vor Ort etwas ein.

Gilt Reisen als Statussymbol?

Nach wie vor bleibt es ein Standardthema unter Freunden, Kollegen, beim Frisör oder mit den Nachbarn, wo denn dieses Jahr der Urlaub verbracht wurde. Auch posten wir vom Strand und aus den Bergen, verschicken Nachrichten aus der urigen Taverne oder vor den Sehenswürdigkeiten vor Ort und lassen so die Daheimgebliebenen an unserem Urlaub teilhaben. Ob das aber immer als ein Statussymbol gilt, ist schwer zu beantworten. Eher dient es der Identifikation, nach dem Motto: „Lass mich dir erzählen, was ich auf Reisen erlebt habe.“ Wir identifizieren uns demnach über das Erlebte vor Ort und fast genauso wichtig wie der Urlaub vor Ort ist das Berichten hinterher.

Wie können wir nachhaltig reisen und trotzdem die Welt sehen?

Für mich spielt das Bewusstsein eine große Rolle: Machen wir uns zunächst einmal bewusst, wie privilegiert wir sind. Wir haben das Geld und die Zeit zu verreisen. Wir haben die Gewissheit, jederzeit wieder nach Hause zu können und hier die Sicherheit des Alltags vorzufinden. Vergessen wir auch nicht, dass fast 90 Prozent der Weltbevölkerung noch nie ein Flugzeug von innen gesehen haben. Wir sind also wirklich privilegiert. Wenn wir uns das alles bewusst machen, liegt es in unserer Verantwortung, entsprechend zu verreisen. Ist Reiseverzicht eine Alternative? Für die meisten nicht. Aber eine Möglichkeit sind Ausgleichszahlungen zum Beispiel beim Fliegen. Eine andere, die Welt im eigenen Land und in Europa kennenlernen. Wünschen würde ich mir aber auch, nicht nur an das schlechte Gewissen zu appellieren, sondern vor allem technische Entwicklungen voranzutreiben, sodass Reisen in Zukunft nachhaltiger wird.

Sind die Menschen auf der Suche nach nachhaltigem Reisen, Stichwort Biohotels?

Ein Teil der Reisenden zweifellos, aber noch sind diese ganz klar in der Minderheit. Eine Veränderung erwarte ich nur langsam. Helfen könnte vielleicht ein Nachdenken über den Satz des Schriftstellers Enzensberger: „Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.“ Hier steckt viel Wahrheit drin und wenn wir diesen Effekt eben nicht wollen, sollten
wir uns entsprechend verhalten.

Das Gespräch führte Eva Rüther.

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