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Alter Laden, neue Ideen

Die Schuhmacherin Karina Ranft kam über Umwege zu ihrem Traumberuf und verfolgt ihre Ziele mit Begeisterung und Geduld. Seit 2019 betreibt sie ihre Schuhmacherei „Kapire“ in Düsseldorf-Gerresheim.

Schuhmacherin Karina Ranft in ihrer Werkstatt, sie hält einen gelben Stiefel in der Hand

Pia Arras-Pretzler

18.12.2023

Lesezeit 3 Minuten

Die Schuhmacherwerkstatt Kapire in Gerresheim ist an Montagen geschlossen. Weil Karina aber in der letzten Woche krank war – ihr Sohn und ihre Tochter hatten sie mit Magen-Darm angesteckt – und weil man durch die großzügige, schöne alte Glasfront des Ladens genau sieht, dass Karina da ist, klopft es immer wieder an die Tür, und Karina macht auf. Nimmt kaputte Schuhe entgegen, berät eine Frau, wie deren alter Lederrucksack noch zu retten wäre, holt reparierte Schuhe aus dem Regal. Am Tag zuvor hat sie ihr Vierjähriges gefeiert, und man spürt: Sie hat ihren Platz gefunden. Das ging keineswegs von heute auf morgen. „Wenn ich wie meine Kinder auf eine Waldorfschule gegangen wäre, wo man viel handwerklich arbeitet, wäre ich vielleicht schneller dahin gekommen, wo ich heute bin. Aber in Rheinberg, wo ich aufgewachsen bin, gab es eine Hauptschule, eine Realschule, ein Gymnasium. Da hat man sich nicht groß gefragt, welche Alternativen es geben könnte.“ Dass sie irgendwann aber einmal einen Laden – wofür auch immer – haben würde, weiß sie schon lange. Den Namen hat sie sich an einem entspannten Abend während ihres Neuseelandtrips mit einer Freundin ausgedacht, da war sie noch keine zwanzig: KA(rina)PI(eszkalla, so ihr Mädchenname)RE (wie Rheinberg, ohne das h). Aber erst mal macht Karina eine Lehre und arbeitet zehn Jahre im Einzelhandel, was ihr aber immer weniger Spaß bringt. 2009 zieht sie nach Düsseldorf zu ihrem Freund, die beiden leben erst in Bilk. „Mario arbeitete damals noch als Projektmanager für die Schuhmesse, wodurch ich Einblick in die Schuhcommunity bekam, und ich beschloss, eine Ausbildung in der Schuhfertigung zu machen.“ Die große Schuhfirma Ara fertigte damals noch in Langenfeld, und Karina stanzt und steppt dort ein Jahr lang in der Produktion. „Das wurde mir zu eintönig, also habe ich mir einen Betrieb gesucht, der mich als Maßschuhmacherin ausbildet.“ Sie wird in Mettmann fündig und beendet dort ihr Lehre, heiratet 2012 und wird bald schwanger. „Danach war ich erst mal raus, machte noch das eine oder andere Werkstück, aber ich durfte nicht mehr in die Werkstatt.“ 

Nachhaltigkeit braucht Ausdauer.

Karina Ranft

Die junge Familie zieht nach Gerresheim, Karina wird wieder schwanger und genießt die Zeit zu Hause. „Die Kinder die erste Zeit begleiten zu dürfen, hatte für mich Priorität.“ Das heißt aber nicht, dass Karina nicht ihre Fühler ausstreckt, um ein Ladenlokal für sich zu finden. Sie sucht überall, auch in ihrem alten Kiez in Bilk, aber noch soll es nicht sein. Erst 2019, als die Familie aus dem Urlaub zurückkommt, erfährt sie, dass der Schuhmacher auf der Heyestraße mit knapp 60 Jahren verstorben sei. Sie nimmt Kontakt zu dessen Eltern auf, die sich sehr freuen, dass Karina den Laden weiter als Schuhmacherwerkstatt nutzen möchte – denn auch der alte Vater war Schuster. „Danach haben wir lange renoviert. Mein Mann, unsere Freunde und ich. Wir haben den Raum wieder geöffnet, da hinten war nämlich die Decke abgehängt, und konnten auch den Boden erhalten. War nicht so einfach, jemanden zu finden, der uns den ordentlich abschleift.“ Karina behält einiges an Werkzeugen – sie arbeitet heute noch an der alten Nähmaschine –, manches bleibt als Deko erhalten. „Ich tobe mich gern handwerklich aus – wenn’s ums Einrichten und Umbauen geht.“ Nach knapp fünf Monaten legt Karina los. Ihre Öffnungszeiten gestaltet sie familienfreundlich – montags und samstags ist der Laden zu, es gibt zwei lange und zwei kurze Tage. Dank Homeoffice kann sie sich die Kinderbetreuung gut mit ihrem Mann teilen, der inzwischen der Schuhwelt den Rücken gekehrt hat und als Finanz- und Personalplaner für die Messe Düsseldorf arbeitet. „Was ich wirklich gut kann, ist mich für Dinge begeistern. Zu mir kommen ja Leute mit verschiedensten Anliegen, und um etwas wieder gut hinzukriegen, muss man sich reindenken und sich eben für die Aufgabe begeistern.“ Was Karina aber noch ausmacht, ist ihre Geduld und ihr langer Atem. Und den braucht sie für ihren Traum von nachhaltigen Schuhen aus Recycling-Wollstoffen, an dem sie schon Jahre dran ist: „Im Bereich Nachhaltigkeit gibt es keine schnellen Lösungen. Ich war wochenlang im Netz unterwegs, bis ich zum Beispiel einen Lieferanten für den Stoff gefunden habe. Das ist Moot (steht für Mode out of trash), die machen Jacken. Und diese Stoffabfälle benutze ich wiederum für meine Sneaker.“ Noch länger hat es gedauert, einen Betrieb zu finden, der daraus Schuhe fertigt. Karina kennt nämlich durch ihre Arbeit sämtliche Sneakerkrankheiten ganz genau und will ihnen schon bei der Produktion ihrer Schuhe vorbeugen. Eine Manufaktur in Italien zieht mit ihr jetzt an einem Strang. „Ich geb ja nicht auf. Und ich dachte mir: Ich geh denen jetzt so lang auf den Keks, bis es klappt. Und das wird bald sein!“, freut sie sich.

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