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Mal süß, mal sauer

Als Karoline erfuhr, dass ihr Sohn Laurenz eine seltene Erkrankung hat, änderte sich ihr Leben grundlegend. Heute hilft sie Eltern, die in die gleiche Situation kommen.

Porträt von Karoline Peter, im Hintergrund ein Spielzelt mit Plüschhund und ein Kinderrollstuhl

Juliane Faller

24.10.2023

Lesezeit 3 Minuten

„Es ist ein Gefühl, als würde man frontal vor eine Wand fahren und dann im freien Fall ohne Sicherung in die Tiefe stürzen“, erzählt mir Karoline Peters. „Und an dieser Stelle wollen wir die betroffenen Eltern gerne auffangen.“ Ihre Augen strahlen, als sie von ihrem Herzensprojekt berichtet. Ich treffe Karoline in ihrem Haus in Düsseltal. Zwischendurch kommt ihr Mann in die Küche und holt sich etwas zu trinken. Er ist, wie so viele, immer noch manchmal im Homeoffice. Was bei einer Familie mit drei Kindern definitiv ein Segen ist „Und manchmal Fluch zugleich!“, ergänzt er mit einem Augenzwinkern. Die drei Kinder sind gerade in der Schule und Kita. Die Zwillinge sind in unterschiedlichen Kitas, weil die um die Ecke nicht auf die Bedürfnisse von Laurenz zugeschnitten ist. Aber das ist auch ganz gut so, sagt Karoline. So haben beide Jungs auch einmal die Chance, ganz für sich Erlebnisse zu haben. Vor vier Jahren kam Karoline mit den Zwillingen nach Hause. Erst später merkte die Familie, dass sich einer der beiden anders entwickelte als der andere. Es begann eine Zeit des Rätselratens, bis es eines Tages die Diagnose gab. Das war mitten im ersten Corona-Lockdown und man kann nur erahnen, wie verloren sich Karoline gefühlt haben muss. „Ich hatte so viel Zeit zum Nachdenken und so wenig Möglichkeit, mich auszutauschen.“ Sie wollte, dass ihr jemand erklärt, wie sie nun weitermachen soll. Auf der Suche nach Gesprächspartner:innen nahm sie Kontakt zur Gruppe für Eltern von Kindern mit Down-Syndrom auf und bekam hier endlich ein paar Antworten. Sie knüpfte neue Kontakte und entwickelte Ideen, wie sie mit der neuen Situation umgehen kann. Über Vermittlungen durch die Frühförderung lernte Karoline Lena kennen. Gemeinsam entwickelten beide die Idee, Menschen, die in die Situation kommen, ein Kind mit einer schweren Erkrankung zu haben, auffangen zu wollen. Sie erstellten Flyer und legten die bei Ärzten aus – schnell meldeten sich Eltern bei ihnen, die sich freuten, eine Möglichkeit des Austausches zu bekommen. 

In der Situation sagt einem eigentlich keiner so richtig, wie es jetzt weitergehen soll.

Karoline Peters

Durch Corona lief zunächst das meiste digital oder über Telefonate. Es gab eine Chatgruppe, in der sowohl praktische als auch emotionale Themen angesprochen wurden, Zoom-Meetings mit Expert:innen und ein Instagram-Kanal, auf dem alle Familien ihren Alltag teilen können. Denn neben der Idee des Austausches möchte das Netzwerk auch ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Familien mit einem Mitglied mit einer seltenen Erkrankung genauso zu unserer Gesellschaft gehören wie alle anderen. Ihr Leben als Familie ist mit ebenso vielen schönen Momenten erfüllt und ein Rollstuhl, der für andere vielleicht Gefühle des Mitleids auslöst, kann für diese Familie das größte Glück bedeuten. Denn darin kann das Kind dann plötzlich mit den Brüdern Fußball spielen und mit der Mutter im Wohnzimmer tanzen. Und das macht Karoline aus: Sie möchte nicht akzeptieren, dass ihr Kind nicht den Brotaufstrich bekommt, den es möchte, nur weil es nicht sprechen kann. Sie entwickelt Methoden und holt jegliche Hilfsmittel hinzu, damit ihr Sohn sich verständlich machen kann. Gleichzeitig macht sie auf Missstände aufmerksam: Denn es gibt zwar in Düsseldorf eine Flut an Angeboten für Kinder mit Behinderungen, aber die zu finden ist gar nicht mal so leicht, da die Koordination der Angebote fehlt. Das Schöne an ihrem Elternnetzwerk „Gemischte Tüte“ ist, dass sich Eltern hier zusammenschließen können. Wenn es zum Beispiel einen Schwimmkurs gibt, der für die Kinder in Frage kommt, werden andere Familien darauf aufmerksam gemacht, sodass man den gemeinsam besuchen kann. „Denn ständig als Einzige mit einem Kind mit Behinderung in solchen Kursen zu sein, ist auch nicht immer schön“, meint Karoline. Die Anwältin ist momentan in Elternzeit, die sie vor dem Hintergrund der besonderen Situation länger ausgedehnt hat, als ursprünglich geplant war. Ihre Zeit ist neben ihrer ehrenamtlichen Arbeit für die „Gemischte Tüte“ bis obenhin gefüllt mit der Care-Arbeit rund um ihre Familie. Karoline weiß, dass es wichtig ist, sich Hilfe zu holen, und findet die auch in ihrem eigenen Umfeld. Nachmittags ist meist ihre Schwester oder ihre Mutter da, damit auf die Bedürfnissen aller drei Kinder eingegangen werden kann. „Es bringt ja niemandem etwas, dass ich total ausbrenne. Wenn ich überlastet bin, bricht unser System zusammen, deshalb ist es wichtig, dass ich Hilfe habe“, betont Karoline lächelnd und spricht dabei ein wichtiges Thema an, das eigentlich für alle Eltern zutrifft. Am Ende ist Familie Peters/Hahn eine ganz normale Familie, mit schönen und blöden Momenten, die aber mit einer Mutter gesegnet ist, die sich zum Ziel gesetzt hat, für alle das Beste herauszuholen, und die nicht akzeptiert, dass ihr ein Schicksal einfach widerfährt, sondern es selbst in die Hand nimmt.

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